Der Sohn ist ein rüder Kerl im Anzug

Tailfingen/Stuttgart: Thomas Wetzstein zeigt seinen selbst gedrehten Film mit K.I.T.T. in der Hauptrolle

Das große Foto zeigt den vierrädrigen Hauptdarsteller K.I.T.T. bei der Filmvorführung vor dem Möhringer Kino. Auf dem kleinen Foto sind die Darsteller zu sehen GB-Fotos: gb

Das tolle Auto aus Tailfingen kurvt nun also über die Leinwand. Den Traum vom eigenen "Knightrider" hat Thomas Wetzstein sich längst schon erfüllt. Vor mehr als einem Jahr nun träumte er vom eigenen Kinofilm - und tat dasselbe (der "Gäubote" berichtete). Wetzstein träumt im Großformat: Um seinen Film zu zeigen, mietete er sich ein Kino bei Stuttgart.

Thomas Morawitzky

Und nicht das kleinste. Ein Saal im "CinemaxX" des SI-Centrums in Möhringen musste es sein - ein Saal in einem Showpalast, in dem das Parken teurer ist als das Popcorn. Von Geld will Thomas Wetzstein nicht sprechen, er sagt nur: "Der Kinosaal hat einen vierstelligen Betrag gekostet." Und natürlich hat er, wie immer, alles selbst bezahlt.

Unterstützt wurde er von vielen: Gut 35 Freunde, alle aus dem Umkreis Herrenbergs, halfen mit beim Filmdreh. Die Kamera jedoch führte Thomas Wetzstein alleine und merkte dabei schnell, dass man mit einem Smartphone keinen richtigen Film drehen kann. Also musste bessere Ausrüstung her - all das für K.I.T.T., das Auto, das der Traum vermutlich eines jeden Mannes ist, sofern er von Autos träumt: Es ist ein Auto, das sprechen kann; ein Auto, das ein guter Kumpel ist; ein Auto, das kommt, wenn es gerufen wird und sich selbst in die Garage stellt; ein Auto, das Ölspuren legt und Nebelwolken in die Welt setzt; ein Auto, in dessen Innern die coolsten Kontrolllämpchen flimmern und flirren, das mit seinem Computer jeden Bösewicht aufspürt, jeden Fall löst, immer weiß, was zu tun ist. Und, vor allem: das seinen Fahrer unter allen Umständen immer unwahrscheinlich gut aussehen lässt.

Perfekter Nachbau

K.I.T.T. ist die Abkürzung für "Knight Industries Two Thousand". Natürlich ist K.I.T.T. schwarz. Unter seiner Motorhaube aber flimmern Sensoren mindestens so galaktisch wie die Seeschlitze von Sternenkriegern. K.I.T.T. war der heimliche Held in der US-Fernsehserie "Knightrider", die nur vier Jahre lang über die Mattscheibe flimmerte und sich damit eine Gefolgschaft für die nähere Ewigkeit holte. Thomas Wetztein gehört zu ihr. Er ist einer von den wenigen Deutschen, die einen perfekten Nachbau des perfekten Autos fahren. Natürlich vermietet er dieses Auto auch - deshalb ist die erste Viertelstunde von "Knight Rider - Yellow Poison" auch ein Werbeclip fürs eigene Vehikel.

Die Viertelstunde ist vorüber, K.I.T.T. hat gezeigt, was er kann - und das Publikum im Saal 5 des "CinemaxX" sieht nun, wie Klaus Löffler aus Heidelberg über eine Stoppelwiese vor Herrenberg geht. Löffler ist ein Bud-Spencer-Double, sieht bis hin zu Vollbart, Melone und Felljacke aus wie der tapfere Haudrauf aus den 1970er Jahren. Im Hintergrund die Herrenberger Stiftskirche; dazu Spaghetti-Western-Musik. Bud Spencer knallt die Faust in die Kameralinse; sie zerspringt, und jeder weiß nun: Wer keinen Ärger möchte, der schaltet besser sein Handy aus.

Der Werbeclip am Anfang des Films war auch der Anfang der Geschichte. Weshalb, fragte sich Thomas Wetzstein, nicht gleich ein ganzer Film? Eine "Knightrider"-Episode mit Gaunern, schönen Frauen, Aktion? "Die Idee zum Film hatte ich sehr spontan", erzählt der Wagenhalter. Ebenso spontan hat er sie umgesetzt. Ein Buch, in dem geschrieben steht, wie man Drehbücher schreibt, beschaffte er sich; der Kreis der "Knightrider"-Freunde stand ihm beiseite. Ein Jahr lang dauerten die Dreharbeiten; 16 Stunden Filmmaterial entstanden dabei.

Carina, Daniela, Mareike und Michelle sind junge Frauen aus dem Bekanntenkreis des Fahrers, die wichtige Rollen im Film spielen: Sie helfen ihm, Verbrecher zu jagen, sitzen in Whirlpools, streifen immer wieder sehr erotisch ihre Bikinis ab, um in die hautengen Beinkleider tougher Supergirls zu schlüpfen. Die Kamera zeigt in diesen Szenen gerade so viel, dass sie nicht zu viel zeigt. Sohn Niko spielt den bösen Buben, einen rüden Kerl im Anzug, einen größenwahnsinnigen Chemiker, der sich in einer weißen Stretch-Limousine umherfahren lässt, das gelbe Gift sucht, das im Spind einer verlassenen Fabrik versteckt ist, die Welt erobern will und den Vater mit großem Kaliber angreift. Der weiß sich natürlich zu retten. Zuletzt glänzen Blutspuren im Staub.

Rund um Herrenberg gedreht

Gedreht hat Thomas Wetzstein seinen Film an vielen Orten rund um Herrenberg. Der "Grüne Baum" in Tailfingen - der Barkeeper bekam von den Dreharbeiten nichts mit - und das Sporthotel "Aramis" in Nebringen verschmelzen zu einer einzigen Luxuslocation; der Herrenberger Steinbruch ist explosiv mit von der Partie. Und die Straßen rund um Herrenberg sind selbstverständlich der Hauptschauplatz des Abenteuers: Immer neue Einstellungen, untermalt von Techno und Filmmusik aus einem Herrenberger Tonstudio, zeigen K.I.T.T., wie er über den Asphalt schwebt, in die Kurve geht, in der Ferne verschwindet.

Als "Yellow Poison" in Möhringen auf der Leinwand leuchtet, steht das Auto des "Knightriders" vor dem Kino. Fast 150 Zuschauer sind gekommen, sämtlich Freunde des Autobesitzers, Hauptdarstellers, Regisseurs, Kameramanns, Drehbuchautors und Produzenten in einer Person. "Es kommt häufig vor, dass Unternehmen einen Kinosaal mieten", sagt Philip Merkt, Vertriebsmitarbeiter des Unternehmens Red Carpet Events, die solche Vermietungen arrangiert. "Aber selbst gedrehte Filme werden hier sonst nur von Absolventen der Filmakademie gespielt." Dass einer kam und seinen Amateurfilm im großen teuren Saal sehen wollte, das, sagt Merkt, geschah bislang noch nie. Der "Knightrider" war der erste. "Für mich", sagt Thomas Wetzstein, "war dieser Film das i-Tüpfelchen von meinem Traum." Das i-Tüpfelchen sitzt, der Fahrer ist zufrieden.