Gäubote Herrenberg vom 23.09.2016

Die Sonne macht K.I.T.T.s Kratzer unsichtbar

Tailfingen: "Knight Rider" Thomas Wetzstein bringt seinen Pontiac Firebird sogar auf die Leinwand

Selbst an die Molekularversiegelung hat Thomas Wetzstein gedacht. "Ein schwarzer Speziallack", sagt der Tailfinger und streicht behutsam mit einer Hand über die Motorhaube seines Pontiac Firebird.

Der macht K.I.T.T zwar nicht wie das Vorbild aus der 1980er-Jahre-Kultserie "Knight Rider" unzerstörbar. Dafür verleiht er Wetzsteins Wunderauto Selbstheilungskräfte. Wie das funktionieren soll? "Ein Stoff im Lack führt dazu, dass die Wärme der Sonne kleine Kratzer von ganz alleine kittet." Wenn schon, denn schon. "Ich bin eben Perfektionist."

Deshalb gleicht das Innere des Hinguckers haargenau dem Vorbild, das David Hasselhoff alias Michael Knight erstmals am 26. September 1982 in insgesamt 90 Episoden gegen das Böse ins Feld führte. "Die meisten Spezial-Effekte funktionieren", kündigt der 39-Jährige grinsend an. Und lehnt sich damit wahrlich nicht zu weit aus dem Fenster. Dafür hat der gelernte Elektriker lange getüftelt. Drückt er etwa den weißen Knopf "Oil" auf einer Konsole rechts des Lenkrads, legt K.I.T.T. - oder in voller Länge: "Knight Industries Two Thousand" - über kleine Düsen zwischen den beiden Auspuffrohren tatsächlich zwei Ölspuren auf den Asphalt. "Keine Angst", lächelt er verschmitzt, "ist Bio-Farbstoff, mit dem man eigentlich Teiche schwarz einfärbt."

Landet Wetzsteins Zeigefinger dagegen direkt daneben auf der Taste "Smoke", hüllen zwei Nebelmaschinen, versteckt im Kofferraum, mögliche Verfolger in dicken Rauch und rauben ihnen die Sicht. Manchmal reicht offenbar aber auch die blank polierte Heckansicht des Boliden aus, um Verwirrung zu stiften: "Bei der ersten Ausfahrt ist nach zehn Minuten eine Dame aufgefahren." Wetzstein verzieht das Gesicht. Dieses Malheur - für die Verursacherin immerhin 5 000 Euro teuer - geht ihm auch heute noch nahe. "Ich war geschwind kurz vor der Schnappatmung."

Den Puls treibt aber - neben einem erwartungsvoll röhrenden 3,1-Liter-V-6-Motor mit 140 Pferdestärken - ein roter, quadratischer Schalter in die Höhe. "Piep ... Piep ..." Bei jedem Ton leuchtet ein anderer Teil auf dem speziell angefertigten Armaturenbrett auf. "Damals, drei Jahrzehnte früher, waren Touchscreens noch Zukunftsmusik gewesen", sagt Wetzstein, der die Ur-Serie längst in- und auswendig kennt. Der "Turbinensound" von damals kommt, dank Sensoren am Gaspedal, passend zur aktuellen Geschwindigkeit aus den eigens verbauten Boxen. "Er könnte auch so aufgerüstet werden, dass er tatsächlich alleine losfahren könnte. Aber das wäre mir zu gefährlich." Der zentrale Rechner im Kofferraum macht die vielen Spezialeffekte möglich. "Fragen Sie mich jetzt aber nicht, wie viele Kilometer Kabel ich verbaut habe." Eines ist klar: Es sind viele ...

Ähnlich sieht es bei den Sprachkommandos aus. "Bis ich 3 600 Original-Sätze auswendig kann, dauert es noch ein Weilchen", scherzt Wetzstein. Er muss jeden einzelnen in einem Herrenberger Studio einlesen, bevor ein befreundeter Toningenieur die unverwechselbare Stimme des Synchronsprechers Gottfried Kramer da-
rüberlegt. Schlagfertig war und ist K.I.T.T. jedenfalls. Sogar Witze hat Wetzsteins vierrädriger Kumpel drauf. Gar nicht lustig findet der Tailfinger "Knight Rider" die Auflage, dass er vor jeder Fahrt über deutsche Straßen das futuristische Lenkrad mit den markanten Haltegriffen gegen ein zugelassenes austauschen muss. "Das ist eben die Bürokratie hierzulande", murrt Wetzstein. Aber nur kurz. Denn wo immer das schwarze Gefährt mit dem roten Lichtband an der Front - dem Scanner - auftaucht, sind staunende Blicke garantiert. "Das ist der Lohn für Tausende Stunden Arbeit und das viele Herzblut, das ich seit vier Jahren in meinen Traumboliden investiere." Der sucht seinesgleichen, vor allem im Wert. "So wie der Wagen dasteht, hätten wir uns locker eine schicke Drei-Zimmer-Eigentumswohnung leisten können." Selbstredend ist für den Familienvater das Liebhaberstück "unverkäuflich". Auf das H-Kennzeichen für Oldtimer kann Wetzstein zudem getrost verzichten - zumal er zu viel am Interieur des Originalwagens, einem Firebird Targa, Baujahr 1992, verändern musste.

Treu geblieben ist sich der 39-Jährige aber in seinen Prinzipien. "Ich habe mir vorgenommen, einen Kinofilm zu drehen. Das halte ich auch ein." Dazu hat er 35 Bekannte und Freunde - sogar seine Frau und die drei Kinder - vor und hinter der Kamera "für diese absurde Idee" eingespannt. Alle teilen seine Leidenschaft. Mit dem Ergebnis ist der Produzent, Drehbuchautor, Regisseur und Hauptdarsteller Wetzstein "hochzufrieden". Wenngleich er nichts vorab verraten möchte. Zumindest eines gibt er zu: "Es war eine Heidenarbeit. Ich war ein paar Mal kurz davor, alles hinzuschmeißen." Besonders den Plot in ein Skript zu fassen, war für ihn ungewohnt. Mit den Rückschlägen ist er pragmatisch umgegangen. "Ein professioneller Kameramann wollte drehen, dafür alle Rechte am Film haben", erzählt der Tailfinger. Nicht mit ihm. Also kaufte er sich selbst eine professionelle Ausrüstung. Dass Thomas Wetzstein ausdauernd seine Ziele verfolgen kann, belegen K.I.T.T. und sein fertiger Film "Knight Rider - Yellow Poison" eindrucksvoll. Doch vor den Universal-Managern musste auch er kapitulieren. "Sie wollten für die Rechte an der 60-sekündigen Titelmelodie 20 000 Euro haben." Der Vertrag mit Klauseln umfasst alleine drei Seiten. Abhalten lassen hat sich Wetzstein davon aber nicht: Das Wunderauto kehrt auf die Leinwand zurück - für 60 Minuten. Mit einer modernen Version der Erkennungsmusik, neu gemischt vom Sindelfinger DJ Damon Paul (der "Gäubote" berichtete).

Für die Premiere hat Wetzstein eigens am kommenden Montagabend einen Kinosaal im Stuttgarter Musical-Tempel in Möhringen mit 165 Plätzen gemietet. "Die Warteliste ist ziemlich lang", sagt er zufrieden, als er K.I.T.T. zurück in die Garage fährt. Die Idee für einen zweiten Teil hat er auch schon, zu Details schweigt er beharrlich. "Die Filmausrüstung ist ja jetzt vorhanden." Dann führt Wetzstein die Uhr an seinem linken Handgelenk zum Mund. "K.I.T.T., Türe verriegeln und Scheinwerfer aus". Einen Augenblick später klackt die Verriegelung, und die beiden Lichter klappen wie von Zauberhand ein. Begleitet von einem kessen Spruch des Wunderautos: "Das wars dann wohl für heute." SVEN GRUBER

 

Bei einer "Gäubote"-Verlosung über den "Heißen Draht" haben jeweils zwei Eintrittskarten für die Vorführung des Films von Thomas Wetzstein mit seinem "K.I.T.T."-Nachbau am kommenden Montagabend, 26. September, im Stuttgarter SI-Zentrum gewonnen: Stefan Schuhmacher (Bondorf), Liselotte Krammer, Thomas Pany (beide Gäufelden), Ute Thiel (Jettingen) und Ewald Schmidt (Mötzingen). Die "Gäubote"-Redaktion wünscht einen unterhaltsamen Film-Abend!

Jagen demnächst in einem Film gemeinsam Bösewichte: K.I.T.T. und Thomas Wetzstein GB-Fotos: gru/gb