09.07.2013

"K.I.T.T." fotografiert und spricht

Tailfingen: Mehrere Wunderautos aus ganz Deutschland machen in Gäufelden Station

Drei "Knight Rider" in Tailfingen mit ihren "K.I.T.T."-Nachbauten (von links): Harald Ullmann, Thomas Wetzstein und Yann Tirolf

"Ein Mann und sein Auto kämpfen gegen das Böse", schnurrt es aus den Bordlautsprechern. Auf einem kleinen Bildschirm läuft der Vorspann ab zu kultigen US-TV-Serien aus den 1980er Jahren. Und auf dem Rasen in einer Seitenstraße steht das heldenhafte Auto. Dreimal gleich, schwarz lackiert, finster, mysteriös, gefährlich. Ein rotes Leuchten geistert unter seiner Motorhaube umher, und plötzlich sagt dieses Kraftfahrzeug, laut und vernehmlich: "Ich fotografiere alle schönen Frauen, die hier vorübergehen."

Thomas Morawitzky

Das kann in der Tat nur ein Auto. Es heißt "K.I.T.T.", kurz für "Knight Industries Two Thousand", weil es gefahren wird von Michael Knight, der unterwegs ist in gerechter Mission. Die Serie "Knight Rider" wurde in Deutschland von 1985 an ausgestrahlt - früh genug, um im Leben von einigen heute Mittdreißigern einzuschlagen wie ein Blitz. Vor rund 28 Jahren saßen sie vor einem Fernseher, und ihre pubertäre Fantasie bekam unversehens Räder. Jahrzehnte später machten sie sich den Traum wahr, selbst einmal "Knight Rider" zu sein, bauten - jeder für sich - das Wunderauto nach. Und trafen sich nun in Tailfingen.

Nicht das erste Mal natürlich. Seit 2009 existiert der Verein "Project K.I.T.T.. e. V.". Jene vier sehr speziellen Autonarren, die nun in Tailfingen vor ihren wahr gewordenen Träumen stehen, waren Gründungsmitglieder dieses Vereins, kannten sich aber schon lange zuvor. Schließlich gibt es das Internet, das Hobbys wie diesem, also dem Nachbau von Wunderautos, ungemein zuträglich ist. 35 Mitglieder zählt der Verein aktuell, darunter auch Frauen von Fahrern. 15 bis 20 Ausgaben der nostalgischen High-Tech-Fantasie "K.I.T.T." kreuzen die Straßen und gehören zum Verein. In Deutschland ist die "Knight Rider"-Nostalgie am größten. Die sonst so verrückten Amerikaner halten sich in dieser Hinsicht offenbar zurück.

Ein solches Auto ist ein Viel-Jahres-Projekt, darin sind sich die vier Fahrer einig. Ein Lebensprojekt sogar: Der Nachbau wird erschwert durch kaum beschaffbare, oft teure Einzelteile, und wenn es um das Schrauben, Basteln, Verbessern der rollenden Fiktion geht, tauscht man sich gerne aus. Weil man muss, aber auch, weil es Spaß macht. "Die Autos", sagt der Tailfinger Gastgeber Thomas Wetzstein, "sind in unserem Verein zweitrangig. Uns geht es mittlerweile mehr ums Zusammensein. Wir sind Leute, die sich gefunden haben. Und das passt."

Gekommen sind Harald Ullmann (37) aus München, Yann Tirolf, 34, aus Filderstadt, und David Höhm aus Lindenberg im Allgäu und mit 29 Jahren der Jüngste im Bunde. Er bastelt noch an seinem Superauto und erlebte seine Offenbarung als Fünfjähriger etwas später als die anderen "Knight Rider". Die Mauer war schuld daran: "1990 oder 1991 hatte ich zum ersten Mal Gelegenheit, die Serie zu sehen. Davor hab ich Herbie geschaut" - auch ein Superauto. Aber eben kein Pontiac Firebird Trans Am in Spezialanfertigung. "K.I.T.T." war und ist ein Auto, das alles kann: sprechen, Frauen fotografieren, durch Häuser sehen, über Häuser springen, Ölspuren schleudern, Nebelwände aufsteigen lassen, die Umgebung sondieren.

Wenn dieser schwarze Superheld in Autoform sich umsieht in Tailfingen, geistert das rote Licht unter seiner Haube von links nach rechts und wieder zurück. Man hört ein mysteriöses Brummen - der "Scanner" ist in Aktion. Unter den vier Fans des ultracoolen Autos aus der Zukunft der Vergangenheit ist Thomas Wetzstein der Avancierteste. Er bastelt schon am längsten an seinem Traum, er hat seinen "K.I.T.T." mit jedem erdenklichen Feature ausgestattet (der "Gäubote" berichtete) und macht die Kollegen staunen. Mehr als 1 000 Sätze, die das Auto in der Serie sagt, haben die Mitglieder des Vereins dem Fernsehen abgelauscht und aufgenommen. "Der deutsche Originalsynchronisator ist leider schon verstorben", erfährt man. Aber um Treue zum Original geht es hier unbedingt. Deshalb ist es doch seine Stimme, die die Frauen fotografiert oder sagt: "Hier spricht die Polizei." Oder: "Devon ruft an!"

Das ist das Signal für Michael Knight alias David Hasselhoff, alles stehen- und liegenzulassen, die Frauen mit dem Haarspray der 1980er Jahre in der Frisur auf später zu vertrösten und ans Cockpit von "K.I.T.T." zu hechten. Denn Devon ist der Chef, es gibt neues Unrecht, das gesühnt sein will. Wenn eines der schwarzen Autos in Tailfingen heute diesen kurzen Satz ausspricht, dann vergisst sein Besitzer um ein Haar die Wirklichkeit und tut ein Gleiches.

Drinnen im Cockpit leuchtet es und blinkt es, es gibt Bildschirme, Schieber, Displays, bunte Knöpfe zuhauf. Und vielleicht noch etwas anderes: "Uns geht es nur ums Auto", sagt ein "Knight Rider". "Mit David Hasselhoff hat das alles nichts zu tun." Trotzdem kann es vorkommen, dass in einem solchen Cockpit auch eine CD liegt. Dass Hasselhoff vom Größenwahn besessen war, als er erklärte, der Fall der Berliner Mauer sei sein Verdienst, weiß David Höhm nur zu gut. Dennoch braust er doch auch einmal gerne über die Autobahn und hört sich in seinem "K.I.T.T." den einzigen Superhit an, den Hasselhoff je hatte: "Ive been looking for freedom." Eigentlich könnte er den Song auch über die Außenlautsprecher seines Wunderautos abspielen und die ganze Umgebung mit ihm beglücken. Aber: "So verrückt sind wir dann doch nicht."